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Mehr Struktur im Homeoffice-Alltag

Corona hat das Arbeitsleben für viele in die eigenen vier Wände verlagert. Eine Veränderung, die neue Regeln braucht. Wie bleibe ich fit, ziehe Grenzen und bespaße nebenbei mein Kind? Wir geben Ihnen 9 Tipps, wie das Homeoffice gelingt.

1. Einen Arbeitsplatz festlegen

Sie arbeiten seit Beginn der Pandemie im Homeoffice, werden aber noch immer nicht so richtig warm mit Ihrem „neuen Büro“? Dann lohnt es sich, die von Ihnen genutzten Räume im Hinblick auf ihre Homeoffice-Tauglichkeit zu prüfen. Denn: Wo Sie zu Hause arbeiten, ist das A und O für einen angenehmen Arbeitstag. Menschen, denen die Konzentration im Büro an immer demselben Ort schon schwerfiel, haben jetzt mehr Optionen für einen Tapetenwechsel: Zum E-Mails-Checken auf den Balkon, Meetings im Wohnzimmer, Fokuszeit in der Küche – warum nicht? Vielen Menschen hilft es dagegen, sich zu Hause eine Büroatmosphäre zu schaffen. Das bedeutet, dass Sie sich – wenn möglich – das Arbeitszimmer in einem separaten Raum einrichten sollten, in dem Sie ungestört sind. Einige Wohnräume eignen sich dafür weniger als andere. Das Schlafzimmer zum Beispiel sollte nicht zum Arbeitsplatz werden, denn wer vom Bett aus den Schreibtisch im Blick hat … Sie ahnen es. So lässt es sich nicht abschalten. Auch das Wohnzimmer birgt ein Risiko der Ablenkung: Der Fernseher, aber auch Familien- oder WG-Mitglieder halten Sie eventuell vom Arbeiten ab. Tipp: Entfernen Sie idealerweise jede Form von Unterhaltungstechnik – wie Tablet oder privates Smartphone – aus Ihrem Arbeitsumfeld.

2. Geben Sie Ihrem Arbeitstag einen Rahmen

Starten Sie Ihren Arbeitstag mit der schwersten Aufgabe – und schieben Sie diese nicht vor sich her. Wenn Sie das Wichtigste geschafft haben, fällt Ihnen der Rest leichter und Sie nehmen nicht unnötig Arbeit mit in den Feierabend. Wenn Ihnen vor der Pandemie der Start in den Tag leichter fiel, wenn Sie auf dem Weg zur Arbeit etwas Zeit für sich oder einen Besuch beim Lieblingsbäcker hatten, sollten Sie sich ähnliche Rituale schaffen. Dr. Hannah Schade, die am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund die Auswirkungen von Homeoffice während der Corona-Pandemie auf das Wohlbefinden von Beschäftigten erforscht, hat einen Tipp für diejenigen, denen es schwerfällt, im Homeoffice zu arbeiten: Sich vor und nach der Arbeit mit einem Freund oder einer Freundin auszutauschen – das motiviert und verleiht dem Tag Struktur. Und wenn man einen nervigen Tag mit jemandem bespricht, fällt es leichter, ihn abzuschließen.

Natürlich kann ein Tagesausklang auch anders aussehen. Doch es ist empfehlens­wert, ein Ende des Arbeitstages einzuplanen – auf der einen Seite, weil das Planen angenehmer Aktivitäten motiviert, auf der anderen Seite, weil es Ihnen hilft, sich an Ihre festgelegten Arbeitszeiten zu halten. Eine Verabredung oder ein Sportkurs kann es Ihnen erleichtern, sich pünktlich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen.

3. Zeitkorridore schaffen

Das Tolle am Homeoffice ist: Die Anfahrt zum Arbeitsplatz entfällt, sodass Sie mehr Zeit für andere Dinge einplanen können. Und: Je nachdem, wie flexibel Ihre Arbeitszeit ist, können sie ein Gleitzeitmodell so für sich nutzen, dass es Ihrem eigenen Biorhythmus entspricht und die Arbeit möglichst leichtfällt. Zum Beispiel: Deep Work und Fokuszeit morgens, wenn Sie dann am fittesten und kreativsten sind, und Ablage und Mails beantworten am Nachmittag. Oder erst mal Mails bearbeiten, wenn Sie etwas Zeit brauchen, bis Sie in Fahrt kommen. Diese Zeitkorridore sollten Sie klar kommunizieren. Zum einen Ihren Mitbewohnern oder Ihrer Familie gegenüber. Zum anderen an Ihr Team, denn wenn Sie feste Arbeits- und Pausenzeiten haben, können sich alle daran halten. Ihre Vorgesetzten sind skeptisch? Dr. Hannah Schade argumentiert: „Eigentlich hat jeder lieber einen erholten, schlauen Mitarbeiter als einen erschöpften. Das muss die Chefetage dann natürlich vorleben: Wenn die Arbeitnehmer sehen, dass der Chef auch im Urlaub Mails beantwortet, fällt es ihnen schwerer, sich selbst strengere Grenzen zu setzen. Aber wenn das gelingt, ist es für beide Seiten das Beste.“

4. Arbeitszeit festhalten

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Harvard Business School und der New York University haben im vergangenen Jahr die E-Mail-Kommunikation von mehr als 3 Millionen im Homeoffice Arbeitenden in Nordamerika, Europa und dem Nahen Osten im April und Mai während der ersten Welle der Pandemie ausgewertet. Sie stellten fest, dass sich die Arbeitszeit im Homeoffice durchschnittlich um rund 50 Minuten verlängerte. Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung  – der Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit – zeigen, dass jede und jeder Beschäftigte 2020 statistisch betrachtet im Durchschnitt 21,9 unbezahlte Überstunden geleistet hat. Woran das liegt? Viele Menschen haben das Gefühl, weniger gearbeitet zu haben, als sie es im Büro getan hätten – und weniger, als es tatsächlich der Fall war. In einer Studie der Technischen Universität Chemnitz aus dem Jahr 2020 gaben rund 60 Prozent der Befragten, die von zu Hause aus arbeiteten, an, dass im Homeoffice die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben verschwimmen. Damit Sie den Überblick über die geleistete Arbeit behalten, notieren Sie sich, wie viel Zeit Sie für welche Aufgabe benötigen, und auch, wie viel Zeit Sie mit privaten Dingen verbringen.

5. Deadlines setzen

Apropos private Dinge: Neigen Sie im Homeoffice dazu, Dinge aufzuschieben? Dr. Hannah Schade empfiehlt, sich (künstliche) Deadlines zu setzen. Denn wer viele Freiheiten hat, verzettelt sich leicht: „Deadlines bringen Struktur in das Sammelsurium an To-dos“, sagt Dr. Hannah Schade. Außerdem fällt es leichter, noch einmal Gas zu geben, wenn ein Ende in Sicht ist: „Wenn man weiß, dass die Arbeit mit der Abgabe zum Zeitpunkt X vorbei ist, kann man seine Produktivität oft noch steigern“, sagt Dr. Schade. Deadlines helfen außerdem allen, die gern perfekt sind und oft kein Ende finden: Eine Deadline ist ein guter Punkt, die Arbeit zu beenden und nicht noch weiter zu verbessern. Zu einer guten Deadline gehört auch ein Puffer – aber auf keinen Fall der Feierabend oder das Wochenende.

6. Krank ist krank

Kennen Sie das? Sie fühlen sich so krank, dass Sie nie ins Auto steigen und ins Büro fahren würden, denken sich aber, ein paar E-Mails zu schreiben sei schon in Ordnung? Ein Fehler! „Man neigt eher dazu, bei einer leichten Erkrankung von zu Hause zu arbeiten, statt sich krankzumelden“, sagt Dr. Hannah Schade. Ist das so schlimm? Tatsächlich ist es wichtig, bei Krankheit nicht zu arbeiten, denn man „braucht dieselben Ressourcen zum Gesundwerden wie zum Arbeiten, denn auch das Ausfüllen eines Excel-Sheets kostet Kraft“, sagt die Arbeitspsychologin.

7. Integrieren Sie Sport in Ihren Alltag

Theoretisch haben wir im Homeoffice mehr Zeit für Sport und Bewegung. In der Praxis verlieren wir eher mal die körperliche Fitness, wenn wir nicht mal mehr zum Arbeiten vor die Tür gehen. Die fehlende Bewegung sollten Sie daher ausgleichen. Etwa mit Schreibtischübungen, die Sie regelmäßig in Ihren Arbeitsalltag integrieren. 

Video: Mobility- und Stretching-Abläufe für eine aktive Pause

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8. Achten Sie auf Ihre Ernährung

Vermeiden Sie auch im Homeoffice Fastfood und nehmen Sie sich lieber einen Obstteller mit zum Schreibtisch als Süßigkeiten. Wer leistungsstark bleiben will, sollte abwechslungsreich und ausgewogen essen, mit Früchten, Gemüse und Vollkornprodukten. Eine gute Orientierungshilfe mit Rezepten bietet Ihnen die Audi BKK Ernährungspyramide

Sie stärken Ihr Immunsystem auch mit basischer Ernährung, die Ihren körpereigenen Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht hält. Warum basische Ernährung so wichtig ist, lesen Sie hier. 

Ihr Arbeitstag ist eng getaktet? Dann bereiten Sie Ihr Essen am Abend vor. Oder kochen Sie am Wochenende größere Mengen und frieren die Mahlzeiten portionsweise ein. Auch der Anruf bei einem ausgewählten regionalen Lieferservice ist gesünder als die Tiefkühlpizza.

9. Planen Sie Ihre Kinder mit ein

Das Arbeiten im Homeoffice ist für viele auch nach fast zwei Jahren Pandemie noch eine große Herausforderung. Für Frauen und Männer, wenn auch auf unterschiedliche Weise: Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) hat für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung herausgefunden, dass Homeoffice eher traditionelle Arbeitsteilung verstärken kann. Väter machen im Homeoffice mehr Überstunden. Mütter, die zu Hause arbeiten, bringen mehr Zeit für Sorgearbeit auf und kommen in der Woche auf drei Stunden mehr Betreuungszeit für die Kinder als Mütter, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Es ist also wichtig, dass Sie sich dieses Risikos in Ihrer Partnerschaft bewusst sind und sich entsprechend aufteilen.
Was Ihre Kinder betrifft, sollten Sie Arbeitszeit und Pausen festlegen, an die sich auch Ihre Kinder halten. So vermeiden Sie ein ständiges „Tür auf, Tür zu“. Auch sollte dem Nachwuchs klar sein, dass an Ihrem Arbeitsplatz nicht gespielt wird. Planen Sie feste Pausen ein, um mit Ihrem Nachwuchs nach draußen zu gehen. Kinder brauchen Bewegung! Hier haben wir für Sie tolle Anregungen für Bewegungsspiele mit Kindern in einem PDF zusammengefasst.

Wo immer es realisierbar ist, sollten Sie Ihren Tagesablauf – in Absprache mit Ihrem Arbeitgeber – neu strukturieren. Ihr Kind ist Langschläfer? Prima, dann arbeiten Sie ein bis zwei Stunden, bevor es aufsteht. Oder Sie verlegen einen Teil Ihrer Arbeitszeit in die Abendstunden. Das ist vielleicht ungewohnt, reduziert aber Ihren Stress – schon allein deshalb, weil Sie nicht mehr das Gefühl haben, sich zerreißen zu müssen. 

Wenn ein Baby oder Kind während eines Telefonats schreit oder dringend Ihre Hilfe benötigt, sagen Sie Ihrem Gesprächspartner Bescheid, dass Sie das Telefonat kurz beenden müssen. Jeder hat dafür Verständnis. Rufen Sie zeitnah zurück. 

Hilfreich ist es außerdem, Ihrem Kind ein eigenes „Homeoffice“ einzurichten, in dem es malen, basteln oder lesen kann. Anregungen, um Ihre Kinder in der Wohnung leise zu beschäftigen, sind etwa: 

  • Briefe oder Bilder an Verwandte und Freunde schreiben/malen 
  • mit Wasserfarben malen
  • eine Höhle bauen
  • puzzeln
  • Hörspiele hören
  • aus Knete Figuren formen
  • ein Laserlabyrinth aus Schnüren basteln
  • Lernmaterialien/-spiele für die Schule nutzen

Bildnachweis

Artikeleinstieg: TommL (istockphoto.com)

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