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Bonding: Nähe zwischen Eltern und Kind aufbauen

Das eigene Kind zum ersten Mal im Arm halten – ein besonderer Moment für Eltern und der Beginn einer ganz besonderen Beziehung. Denn kaum eine Bindung ist so eng wie die zu einem Neugeborenen. Doch wie entsteht diese Nähe?

Nähe beginnt vor der Geburt

Von Geburt an haben Menschen das Bedürfnis nach Nähe und einer stabilen Bindung. Kein Wunder, sind doch die liebevolle Zuwendung und der Schutz anderer gerade für Säuglinge überlebenswichtig. Doch auch schon bevor sie das Licht der Welt erblicken, knüpfen Babys erste Kontakte zu ihren Bindungspersonen. 

So hat eine Studie der schottischen Universität in Dundee herausgefunden, dass bereits Ungeborene Berührungen der Mutter von anderen unterscheiden können. Bei Tests mit Schwangeren reagierten die Babys unterschiedlich, wenn eine fremde Person oder die Mutter den Bauch streichelte: Bei der mütterlichen Berührung „antwortete“ der Fötus, indem er die Wand des Uterus berührte, bei anderen trat diese Reaktion nicht auf. Besonders häufig reagierten die Babys im dritten Trimester der Schwangerschaft, da sich in diesem Stadium die Selbstwahrnehmung des Kindes entwickelt. 

Babys sind gute Zuhörer

Die schottischen Wissenschaftler glauben, dass ihre Beobachtungen neue Erkenntnisse zur pränatalen Mutter-Kind-Beziehung liefern könnten. Mütter berühren ihren Bauch, bewusst wie unbewusst, um mit ihrem ungeborenen Kind zu kommunizieren. Diese Art der Stimulierung ist nicht nur für die Bindung, sondern auch für die Entwicklung des Fötus förderlich. Ähnlich verhält es sich mit verbalen Signalen: Verschiedene Studien zeigen, dass Babys während der Schwangerschaft auf die Stimme ihrer Mutter reagieren. So fand der US-amerikanische Sprachforscher Dr. Kenneth Gerhardt heraus, dass Eltern bereits während der Schwangerschaft mit ihrem Kind sprechen sollten. Denn: Neugeborene erinnern sich an die Stimmen von Vater und Mutter und erkennen diese nach der Geburt wieder. 

Nähe vor der Geburt aufbauen

Auch wenn sich zwei Menschen kaum näherstehen können als eine werdende Mutter und ihr ungeborenes Kind, können auch Väter gleichermaßen während der Schwangerschaft aktiv die Bindung zum Nachwuchs stärken. 

  • Bauchgefühl: Über sanfte Massagen und Streicheleinheiten stellen Mutter und Vater Kontakt zum neuen Familienmitglied her.
  • Handauflegen: Wird das Baby aktiv, können die Eltern durch Berührung des Bauchs mit ihm Kontakt aufnehmen. 
  • Wohlklang: Ab der 24. Schwangerschaftswoche können Babys hören. Durch die Bauchwand können sie die Stimme der Eltern sehr gut erkennen. Besonders die Stimme beziehungsweise ihr Sprechrhythmus vermittelt dem ungeborenen Leben zusätzliche Geborgenheit. 

Zeit, sich kennenzulernen 

Direkt nach der Geburt geht die Bindung von Eltern und Kind in die nächste Phase, die in der Entwicklungspsychologie als Bonding bezeichnet wird. Gemeint ist damit das Kennenlernen zwischen dem Neugeborenen und seinen frischgebackenen Eltern in den ersten Minuten und Stunden. Aus diesem Grund wird Müttern das Neugeborene direkt nach der Entbindung auf die Brust gelegt. Dort erkennen sie den vertrauten Herzschlag und prägen sich den Geruch der Mutter ein. Denn Hautkontakt, Kuscheln oder das erste Füttern sind wichtige Handlungen, um die emotionale Bindung und das Urvertrauen des Kindes aufzubauen. Dieses Urvertrauen, so glauben Psychologen, ist der Grundstein für das Selbstwertgefühl. Ist der erste Kontakt zur Mutter zum Beispiel wegen eines Kaiserschnitts nicht direkt möglich, kann der Vater diese Aufgabe übernehmen. Können Eltern und Kind wegen medizinischer Behandlungen zum Beispiel bei Frühchen nicht unmittelbar „bonden“, kann diese Erfahrung auch nach einigen Tagen nachgeholt werden, ohne negativen Einfluss auf die kindliche Entwicklung.

Nähe nach der Geburt aufbauen

  • Hautkontakt: Der Hautkontakt ist nicht nur nach der Geburt, sondern auch in den folgenden Monaten wichtig, denn er vermittelt dem Baby Sicherheit und Geborgenheit.  
  • Stillen: Füttern macht satt – und glücklich. Beim Stillen produzieren sowohl Mutter als auch Kind Oxytocin. Das sogenannte Kuschelhormon stärkt die Bindung zwischen den beiden. Aber auch beim Füttern mit dem Fläschchen kann in Verbindung mit Hautkontakt die Eltern-Kind-Beziehung gestärkt werden.
  • Tragen: Ein weiterer Weg, um Nähe zwischen Neugeborenem und Eltern zu schaffen, ist eine Tragehilfe. Die Körperwärme und der Herzschlag des Tragenden und nicht zuletzt die Schaukelbewegung schenken dem Kind Ruhe, Entspannung und Geborgenheit. 
  • nonverbale Kommunikation: Einen Blick in die Augen setzen Babys mit Vertrauen gleich. Auch wenn Säuglinge in den ersten Lebensmonaten noch keine voll entwickelte Sehkraft besitzen, sollten Eltern immer wieder über Blickkontakt mit ihrem Kind kommunizieren. 

Auch wenn viele Eltern sich gerade beim ersten Kind Gedanken machen, ob sie ihm genug Nähe und Zuwendung geben, sind diese Sorgen oft grundlos. Die meisten Mütter und Väter verstehen die Signale des Neugeborenen und reagieren instinktiv richtig. Und das ist auch gut so. Denn die Nähe zwischen Eltern und Kind hat langfristige Auswirkungen auf die Entwicklung der kleinen Menschen. Hirnforscher haben festgestellt, dass Kinder mit einer stabilen, liebevollen Beziehung zu den Eltern oder einer anderen Bezugsperson intelligenter und sozial gefestigter sind als die, denen eine positive Bindungserfahrung vorenthalten blieb.

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Bildnachweis

Artikeleinstieg: Cavan Images (gettyimages.de)

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