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Liebeskummer bei Teenagern: So können Eltern ihn gut begleiten

Liebeskummer tut weh, gerade Teenager leiden. Wie Mütter und Väter das starke Gefühl gut begleiten, erklärt Angela Felix im Interview. Sie ist Leiterin der Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Essener Caritas und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin.

Wie fühlt sich Liebeskummer bei Jugendlichen an? Leiden sie stärker als Erwachsene?

Gerade der erste Liebeskummer ist für Teenager eine existenzielle Krise – verbunden mit dem Gefühl: Das geht nie mehr vorbei! Jugendliche haben noch nicht die Erfahrung gemacht, dass es ihnen mit der Zeit wieder besser gehen wird. Umso mehr trifft sie der Schmerz, zumal das Gefühl der Ablehnung durch einen anderen Menschen stark am Selbstwertgefühl nagt. Hinzu kommt, dass alle Gefühle während der Pubertät extre­mer erlebt werden. Es ist ganz normal, dass Teenies mal himmelhochjauchzend, mal zu Tode betrübt sind.

Wie äußert sich der Herzschmerz?

Den Jugendlichen ist oft übel, sie haben keinen Appetit oder essen im Übermaß. Sie fühlen sich energielos oder innerlich unruhig und können nicht schlafen. Wenn wir verliebt sind, schüttet unser Körper das Glückshormon Dopamin aus. Wenn uns ein geliebter Mensch aber verlässt, sinkt der Dopaminspiegel rapide ab. Das äußert sich in psychosomatischen Beschwerden und trauriger Stimmung.

Liebeskummer wird oft verharmlost. Warum sollten Eltern den Schmerz ihres Kindes ernst nehmen?

Hand aufs Herz – auch für Erwachsene ist Liebeskummer eine ernste Krise. Es trifft jeden Menschen hart, verlassen zu werden. Umso mehr schmerzt es dann, wenn Gefühle wie Trauer nicht ernst genommen werden. Gerade Jugendliche, die typisch­erweise noch stark ichbezogen sind, erleben das als Angriff auf ihre Person. Dadurch entsteht dann ein weiterer Konflikt in der Familie. Besser ist es, ehrliches Mitgefühl zu zeigen und Unterstützung anzubieten.

“Gerade bei Liebeskummer brauchen Jugendliche ein stabiles Umfeld. Eltern sollten also nicht mit in die Krise gehen und leiden, sondern nach ein paar Tagen langsam wieder Normalität herstellen und Ablenkung anbieten.”

Angela Felix, Leiterin der Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Essener Caritas und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin

Wie gelingt Müttern und Vätern das am besten?

Ich empfehle Eltern, ein offenes Ohr zu haben und Gesprächsbereitschaft zu signa­lisieren, ihr Kind aber nicht zu bedrängen. Das braucht etwas Feingefühl. Mütter und Väter müssen aushalten, dass ihr Teenager sich in sein Zimmer zurück­zieht, die Musik aufdreht und seine Ruhe will. Eltern können aber ruhig mal vorsichtig anklopfen, das Lieblingsessen vorbeibringen und fragen, ob ihre Tochter oder ihr Sohn reden möchte.

Schwierig finde ich hingegen, wenn Eltern mit in die Krise gehen und leiden, also eine Überidentifizierung stattfindet. Gerade bei Liebeskummer brauchen Jugendliche ein stabiles Umfeld. Nach ein paar Tagen ist es wichtig, langsam wieder Normalität herzustellen und Ablenkung anzubieten, zum Beispiel durch Radtouren oder einen Besuch im Kletterpark. Denn gerade körperliche Aktivität hilft dabei, Stresshormone abzubauen.

Machen soziale Medien wie Instagram es schwerer, Liebeskummer zu verarbeiten?

Auf jeden Fall, es kann ja wie ein Sog sein, dem Leben der Ex-Freundin oder des Ex-Freundes auf den sozialen Medien zu folgen. Das ist aber jedes Mal wieder ein Stich ins Herz. Deshalb kann es sinnvoll sein, mit Teenagern eine Strategie zu vereinbaren, zum Beispiel die Person für einige Wochen zu blockieren oder ihr ganz zu entfolgen.

Was können typische Alarmzeichen sein, die zeigen, dass Teenager mit ihrem Kummer nicht allein zurechtkommen?

Bedenklich finde ich, wenn Jugendliche auch nach einigen Tagen nicht zurück in ihren Alltag finden, sich stark zurückziehen und sich nicht mehr mit Freunden treffen oder die Schule schwänzen. Das sollten Eltern in jedem Fall ansprechen. Noch ernster wird es, wenn Teenager dauerhaft zu viel Alkohol trinken – gerade alleine –, andere Drogen konsumieren oder suizidale Gedanken äußern. Dann kann es sinnvoll sein, sich profes­sio­nellen Rat einzuholen.

An wen können Jugendliche sich in dieser Krisensituation sonst noch wenden?

Natürlich spielt der Freundeskreis eine wichtige Rolle. Darüber hinaus gibt es Angebote wie das Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ (116111, Beratung auch per Mail und Chat) und auch an Beratungsstellen können Jugendliche sich direkt wenden.

3 Tipps für Eltern

Herzschmerz anerkennen

Liebeskummer tut weh – gut, wenn Eltern dies würdigen und nicht herunterspielen. Zum Beispiel so: „Es ist traurig, dass du so verletzt wurdest.“ Oder: „Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst.“

Bitte nicht einmischen

Ratschläge können nerven, erst recht, wenn sie unaufgefordert kommen. Besser ist es, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren und in erster Linie zuzuhören, damit Teenies sich ihren Kummer von der Seele reden können.

Ablenkung anbieten

Normalität kann helfen, aus der Traurigkeit zu finden. Deshalb können Eltern Angebote machen: einen Ausflug unternehmen, ins Kino gehen (keinen Liebesfilm!), gemeinsam kochen.

Bildnachweis

Artikeleinstieg: time. (photocase.de)
Im Text: martin-dm (istockphoto.com)
Portrait: Fotostudio Basso

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