Lesezeit ca. 4 Min.

Ganz bei der Sache – Konzentration

Kinder haben einen starken Entdeckerdrang – zum Glück, denn so erobern sie sich die Welt. Das heißt aber auch: kleine Menschen reagieren stark auf Reize von außen und lassen sich schnell ablenken. Wie Eltern ihrem Kind helfen, sich besser zu konzentrieren.

Er salutiert, schneidet Grimassen, trommelt mit seinen Fäusten – Prinz Louis (5) ist bei offiziellen Zeremonien des britischen Königshauses oft für eine Ablenkung gut. Die Presse nennt den Mini-Royal deshalb den Grimassen-König, seine Eltern Kate und William nehmen die kleinen Eskapaden ihres Jüngsten gelassen. Irgendwie ist es doch beruhigend, dass auch kleine Royals mit ihrer Konzentration kämpfen …

Wenn der Arbeitsspeicher voll ist

Kinder interessieren sich für alles und jedes, sie sind neugierig und saugen Informationen auf wie ein Schwamm. Das bestätigt auch Gabriele König, Vorsitzende des Bundesverbands für Ergotherapeut:innen in Deutschland und Ergotherapeutin in eigener Praxis in Mosbach: „Kinder bekommen alles gleich stark mit. Anders als wir Erwachsenen können sie optische oder akustische Signale, beispielsweise das Ticken einer Uhr, nicht einfach wegfiltern.“ Das hat aber auch zur Folge, dass der Arbeitsspeicher ihres Gehirns schnell voll ist und sie sich nicht mehr auf die Hausaufgaben, das Puzzle oder das Spiel fokussieren können. Die nachlassende Konzentration äußert sich in unterschiedlicher Form: Manche Kinder schauen aus dem Fenster und hängen ihren Tagträumen nach, andere werden unruhig und springen auf.

Aufmerksamkeitsspanne wächst mit dem Alter

Es ist normal, dass kleine Menschen sich nur für begrenzte Zeit konzentrieren können. Wie ihr Körper wächst auch ihre Aufmerksamkeitsspanne allmählich. Eine gute Formel, um diese Zeit zu berechnen: das Alter mit zwei multiplizieren. Fünfjährige können also für ungefähr zehn Minuten bei der Sache bleiben; Zehnjährige kommen im Schnitt auf 20 Minuten. Dann wird es Zeit für eine Pause, die auch wir Erwachsenen spätestens nach 90 Minuten konzentrierter Arbeit brauchen.

Die beste Schule: der normale Alltag

Was können Eltern tun, um die Konzentration ihres Kindes zu fördern? „Der Alltag ist die beste Förderung“, sagt Gabriele König. Sie rät Eltern dazu, Kinder in die Hausarbeit einzubeziehen. „Die Spülmaschine ausräumen, den Tisch decken, die richtige Zahl von Gläsern auf den Tisch stellen: All das sind wichtige Konzentrationsübungen. Kinder im Vorschul- und Grundschulalter sind dazu hoch motiviert – das können Eltern nutzen“, so die Ergotherapeutin. Motivation ist ein wichtiges Stichwort, gerade weil Kinder noch stärker lustgesteuert sind als Erwachsene. Deshalb gehen bei ihnen Konzentration und Motivation Hand in Hand. Umso mehr kommt es bei Mädchen und Jungen darauf an, die Lust auf eine Aufgabe zu wecken. Ebenso wichtig: ausreichend Bewegung. „Kinder sitzen schon in der Schule oder im Kindergarten viel, dabei sinkt ihr Muskeltonus und damit ihre Konzentration“, erklärt Gabriele König. Deshalb ist es sinnvoll, Kinder in Bewegung zu bringen, bevor sie mit ihren Hausaufgaben starten, zum Beispiel durch Toben draußen oder ein Mini-Trampolin im Kinderzimmer.

Was aber tun, wenn die Konzentrations­störungen auffällig sind und Kinder ebenso wie ihre Eltern darunter leiden?

Typische Signale können zum Beispiel sein, dass Mädchen und Jungen abwesend scheinen, motorisch unruhig sind oder ihr Frust sich in Wut entlädt. Dann ist es Zeit für einen Besuch bei der Kinderärztin oder beim Kinderarzt. Dort entscheidet sich, ob etwa Ergotherapie sinnvoll ist, bei der Kinder spielerisch ihre Körperwahrnehmung und Konzentrationsfähigkeit trainieren. Damit sie bald wieder bei der Sache sind.

Fünf Tipps für bessere Konzentration

Klare Vorgaben machen

Hausaufgaben sind oft ein Debatten-Thema in Familien. „Ich rate Eltern dazu, sich nicht auf lange Diskussionen einzulassen, sondern eine klare Ansage zu machen, zum Beispiel: Jetzt geht es los‘“, rät Gabriele König.

Stärken stärken

Eltern haben oft die Schwächen ihres Kindes im Blick. Es lohnt sich aber, den Fokus auf die Stärken zu lenken und bewusst zu loben. Das stärkt die Motivation – und die geht mit der Konzentration Hand in Hand.

Bewegung fördern

Toben, insbesondere an der frischen Luft, sorgt dafür, dass das Gehirn gut durchblutet wird. Das fördert die Konzentrationsfähigkeit. Außerdem braucht das Gehirn Pausen, um das Gelernte zu verarbeiten.

Störfaktoren ausschalten

Ein ständiges Pling lenkt ab und führt Kinder in Versuchung, zum Smartphone zu greifen. Deshalb Handy und Tablet in einem anderen Zimmer ablegen.

Den Schreibtisch aufräumen

Das Genie beherrscht das Chaos? Von wegen! Ordnung auf dem Schreibtisch sorgt für Ordnung im Kopf und reduziert die Möglichkeiten zur Ablenkung.

Bildnachweis

Artikeleinstieg: SbytovaMN (istockphoto.com)

Zum Weiterlesen: