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Die starke Kraft, die uns heilt

Eine Erkältung dauert mit Arztbesuch sieben Tage – und ohne eine Woche. In diesem Satz steckt ein Körnchen Wahrheit. Die meisten von uns haben ihre Selbstheilungskräfte schon kennengelernt. Was sind das für Kräfte, die da in uns schlummern?

Jeder Mensch hat Selbstheilungskräfte in sich, wir kommen damit auf die Welt. Denn unser Körper ist auf einen inneren Ausgleich von äußeren Reizen angelegt. Werden wir krank, greifen zahlreiche fein aufeinander abgestimmte Prozesse und machen uns wieder gesund. Ein kleines Wunder jedes Mal.

Die Medizin unterstützt diese kleinen oder größeren Wunder: Ärztinnen und Ärzte operieren beispielsweise einen gebrochenen Arm, geben Medikamente, versorgen die Wunde. Schaffen also optimale Bedingungen, damit der Arm wieder wird wie zuvor.

Aber kein Mensch kann letztendlich einen anderen gesund machen, auch wenn es sich für uns so anfühlen mag: Wir gehen in die Praxis, erhalten ein Medikament, wir werden gesund. Aber jede Heilung ist grundsätzlich immer auch eine Selbstheilung – auf körper­licher und seelischer Ebene. Uns sind die Selbstheilungskräfte oft nicht bewusst und wir sind unsicher, wie gut sie funktionieren.

Können wir Selbstheilungs­kräften vertrauen?

Zum Glück müssen wir nicht wählen, ob wir uns in ärztliche Therapie begeben oder auf unsere Selbstheilungskräfte setzen. Beides darf und sollte sich im Miteinander sinnvoll ergänzen. Denn zweifellos gibt es Krankheiten, die nur mithilfe der Medizin in den Griff zu bekommen sind oder durch Vorsorge rechtzeitig entdeckt und therapiert werden können. Aber wir dürfen auch auf unseren „inneren Arzt“ vertrauen. Die Fähigkeit zur Selbstheilung und unsere Psyche bilden dabei ein zentrales Gespann: Unser mentaler Zustand ist für die Gesundheit entscheidend. So konnten Forschende der Psychoneuroimmunologie darlegen, dass unsere Gedanken und Gefühle direkt unseren Körper beeinflussen, genauer gesagt das Nerven-, Hormon und Immunsystem. Hier liegt ein Schlüssel zu unserer Gesundheit. Denn geht es unserer Psyche gut, fühlen wir uns also mit unserem gebrochenen Arm zum Beispiel im Krankenhaus gut aufgehoben.

Auch die Beziehung zu den behandelnden Ärztinnen und Ärzten ist entscheidend. Ein gutes Verhältnis kann unseren Gemütszustand positiv beeinflussen und bei der Gesundung wiederum ein kleines Wunder bewirken. Ganz wesentlich ist auch unser Bewusstsein für den eigenen Genesungsprozess: Verstehen wir, was weshalb geschieht, und können im Bestfall auch selbst noch positiv einwirken, fühlen wir uns nicht ausgeliefert, sondern aufgehoben und selbstwirksam – entscheidende Faktoren für unsere Selbstheilung. Die untrennbare Verbindung von Körper und Psyche ist für die Selbstheilung also von zentraler Bedeutung.

Mentale Gesundheit als Schlüssel zur Selbstheilung

Medizinische Disziplinen wie die Mind-Body-Medizin beschäftigen sich seit vielen Jahren mit den Effekten, die die Kräfte Geist, Körper, Psyche und Verhalten im Zusammenspiel entfalten. Die Mind-Body-Medizin verfolgt einen ganzheitlichen, ressourcenorientierten Behandlungsansatz, der darauf abzielt, Selbstregulation, Selbstheilung und Resilienz zu stärken sowie auch die Eigenverantwortung von Patientinnen und Patienten zu unterstützen.

Als eine der ersten Disziplinen entwickelte sie bereits in den 1970er-Jahren Therapie­konzepte gegen einen der größten Feinde der Selbstheilung: Stress. Denn Stress sowie damit zusammenhängende negative Gefühle wie Angst oder Unsicherheit blockieren diese wertvolle Fähigkeit. Wollen wir unsere Selbstheilungskräfte fördern und unseren „inneren Arzt“ besser kennenlernen, ist es deshalb unabdingbar, unsere körperliche wie auch mentale Gesundheit in den Blick und bestenfalls auch selbst in die Hand zu nehmen. Das heißt, achtsam mit uns zu sein, zu entspannen, uns zu bewegen und gesund zu ernähren. Und die Fähigkeit zu entwickeln, gut in uns hineinzuhören und zu erkennen: Das ist los in mir und das brauche ich jetzt.

Bildnachweis

Artikeleinstieg: SanyaSM (istockphoto.com)
Im Text:  AJ_Watt (istockphoto.com)

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