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IQ und Schlaf: Schlauer über Nacht

Studien zeigen, dass wenn wir zu wenig schlafen, wir weniger gut lernen, erinnern oder wahrnehmen. Aber wie viel Schlaf macht schlau und leistungsfähig? Sind Nachteulen klüger als Frühaufsteher? Und wie hängen Schlafverhalten und Lernleistung bei Kindern zusammen?

Langschläfer vs. Frühaufsteher

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Intelligenter sind aber die Nachteulen – zumindest, wenn man das Sprichwort auf den Menschen überträgt. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass Langschläfer den Frühaufstehern in punkto Intelligenz, Kreativität und Erfolg am Arbeitsplatz überlegen sein könnten. 

Eine repräsentative Untersuchung aus den USA zeigt beispielsweise: Menschen, die in ihrer Kindheit einen höheren IQ hatten, gehen als Erwachsene rund 50 Minuten später schlafen als die Menschen mit einem eher niedrigeren IQ in Kindheitstagen.

Die unterschiedlichen Chronotypen – so werden die verschiedenen Typen von Schlaf-Wach-Rhythmen im Allgemeinen bezeichnet – weisen noch mehr Unterschiede auf: Eine Studie der Universität Madrid kam zu dem Schluss, dass Frühaufsteher den Langschläfern zwar in der Schule überlegen sind, aber später im Berufsleben nicht mehr. Die Nachtschwärmer sind häufig erfolgreicher und verdienen mehr Geld. Nachteulen seien demnach eher gesellig und kreativer als die Frühaufsteher-Lerchen.

Lange glaubten Wissenschaftler, es sei von Geburt an festgelegt, welcher Chronotyp man ist – also Frühaufstehender (Lerche) oder Nachtmensch (Eule). Doch aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die innere Uhr auch noch bei Erwachsenen veränderbar ist.

Ausgeschlafen denkt es sich besser

Unabhängig vom Chronotypen gibt es eine Erkenntnis, in der sich die Wissenschaft einig ist: Wer zu wenig schläft, der ist geistig und körperlich weniger leistungsfähig. Die Empfehlung der Wissenschaftler ist, regelmäßig sieben Stunden pro Nacht zu schlafen, um fit zu sein und gesund zu bleiben.

Doch viele Menschen schlafen heute regelmäßig zu wenig. Die Gründe dafür sind vielfältig: hohe Arbeitsbelastung, Stress und ständige Erreichbarkeit sorgen dafür, dass wir die Alltagsprobleme mit in die Nacht nehmen – und weniger gut schlafen.

Folgen von zu wenig Schlaf

Wie wirkt sich Schlafmangel aus? Nach Ansicht von Experten wird fast jeder vierte tödliche Unfall auf Autobahnen durch Übermüdung am Steuer und den dadurch einsetzenden Sekundenschlaf verursacht. Schlafmangel führt bekanntermaßen außerdem zu langsameren Reaktionen.

Aber auch die geistigen Fähigkeiten auf höherer Ebene werden stark beeinflusst. Untersuchungen der Harvard Medical School haben gezeigt, dass die grundlegenden Funktionen des Gehirns, also regelbasierte Denk-, Entscheidungs- und Planungsaufgaben, zwar relativ unbeeinflusst von dem Schlafverlust sind. Kreativere und innovativere Denkaufgaben werden aber in Folge von Schlafmangel wesentlich schlechter gelöst. Die Erkenntnisse der US-Forscher deuten zudem darauf hin, dass das nicht nur eine Frage der Wachheit und damit Aufmerksamkeit ist. Denn das kreative Denken blieb erschwert, auch wenn die Teilnehmenden der Studien den Schlaf „nachholten“. Die Schlussfolgerung: Der Schlafmangel hatte das kreative und innovative Denken nachhaltig negativ beeinflusst.

Wer schläft, ist geistig fit

Eine Studie mit Jugendlichen an der Medizinischen Fakultät der National University of Singapore bestätigt diese Annahme. Die Teilnehmer waren Schüler von Eliteschulen, die im Alltag keine Kurzschläfer waren. Die jungen Männer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine Gruppe durfte sieben Tage lang nur fünf Stunden schlafen, die Kontrollgruppe neun Stunden. Eines der Ergebnisse: Die jungen Männer mit wenig Schlaf zeigten eine schrittweise Verschlechterung der Aufmerksamkeit und der Gedächtnisleistung, waren schläfriger und schlechter gelaunt. Diese Defizite im Vergleich zur Kontrollgruppe hatten die Jugendlichen auch nach zwei Nächten mit viel Erholungsschlaf nicht aufgeholt.

Die Neun-Stunden-Schläfer wurden Tag für Tag immer besser in ihrer Lernleistung und ihren Testergebnissen.

Ausgeschlafene Kinder lernen besser

Und wie sieht es bei Grundschulkindern aus? Das Deutsche Institut für internationale Pädagogische Forschung hat mit Kindern im Alter von acht bis elf Jahren untersucht, ob das Schlafverhalten ihre Denkleistung im Schulalltag beeinflusst. Die Kinder haben dazu vier Wochen lang täglich Denkaufgaben auf speziell programmierten Smartphones bearbeitet.

Das Fazit: Schulkinder, die gut geschlafen hatten, schnitten am nächsten Morgen bei Denkaufgaben deutlich besser ab. Hatten sie aber eine unruhige Nacht mit schlechtem Schlaf, sank ihre Leistung deutlich. 

Das Gehirn macht nachts Ordnung

Warum ist das so, dass wir besser in der Denkarbeit sind, nachdem wir gut geschlafen haben? Was passiert in unserem Kopf? Im Schlaf räumt das Gehirn auf: Es speichert wichtige Informationen, erstellt Verknüpfungen und verwirft Unwichtiges. Das gilt für erlerntes Wissen genauso wie für zum Beispiel motorische Fähigkeiten. Auch deswegen gilt für Schulkinder, Jugendliche und Studierende, dass es besser ist, über das Gelernte nochmal eine Nacht zu schlafen. Nur dann können sie es zur Prüfung gut abgerufen.

Wie viel Schlaf in welchem Alter?

Wenn es um die Schlafzeiten geht, gibt es in vielen Familien regelmäßig Diskussion. Was ist denn nun richtig? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt Eltern Hinweise dazu. Der kindliche Schlafbedarf verringert sich insgesamt je älter das Kind wird, bleibt aber von Kind zu Kind verschieden. 

Die Schlafzeiten im Überblick:

  • Kleinkinder brauchen mit etwa zwei Jahren im Durchschnitt zwölf bis 13 Stunden Schlaf. Mit drei bis vier Jahren oft nur noch elf bis zwölf Stunden Schlaf. Aber auch in diesem Alter sind Abweichungen von bis zu zwei Stunden völlig normal.
  • Im Alter zwischen vier und sechs Jahren empfiehlt die Bundeszentrale rund elf Stunden Schlaf. 
  • Wann Kinder mit dem Mittagsschlaf aufhören, ist individuell verschieden. Nicht wenige machen laut BZgA mit drei Jahren gern nachmittags ein Schläfchen. Und sogar unter den Grundschulkindern gibt es einige, die sich ab und an nachmittags noch hinlegen. Eltern können sich beim Thema Mittagsschlaf an den Bedürfnissen des Kindes orientieren. 
  • Für Grundschüler empfiehlt die BZgA neun bis elf Stunden Schlaf. Der Mittagsschlaf kann von der nächtlichen Schlafdauer abgezogen werden. 
  • Für Jugendliche ab 15 Jahren reichen oft schon acht Stunden aus.

Die Forschung geht davon aus, dass für einen guten Schlaf bei Kindern vor allem die Tiefschlafphase wichtig ist und dass sie ausreichend Schlaf zu regelmäßigen Zeiten bekommen.

Unser Tipp:

Unter www.kindergesundheit-info.de/themen/schlafen gibt die Bundeszentrale zahlreiche Tipps, was Eltern tun können, wenn ihre Kinder Probleme beim Ein- und Durchschlafen haben.

Bildnachweis

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Artikel: LumiNola (istockphoto.com), FluxFactory (istockphoto.com)

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